„Argumente nicht überzeugend“

Zweite Demonstration gegen Besoldungsspardiktat

Der Ärger über die Sparpläne der hessischen Landesregierung sitzt bei den Beamten tief. Rund 130 BeamtInnen waren dem kurzfristigen Aufruf des dbb Hessen gefolgt, um auf dem Dern’schen Gelände in der Wiesbadener Innenstadt – in Blickweite des Landtags – ihrem Unmut Luft zu machen. Denn dort stand die erste parlamentarische Lesung des Haushaltsentwurfs 2025 statt. Während sich Finanzminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz (CDU) am späteren Nachmittag im Parlament für seinen Entwurf trotz aller Sparpläne loben sollte, nahm Innenminister Prof. Dr. Roman Poseck (CDU) bei wenigen Grad über Null den Protest entgegen. Er sei „spontan vorbeigekommen“, auf dem Weg in den
Landtag. Die Entscheidung der Regierung sei „schmerzvoll“ und „schwierig“, trotzdem wolle er um Verständnis dafür werben – Sätze, die die Demonstranten mit Buh-Rufen, höhnischem Gelächter und gellenden Trillerpfeifen quittierten. Diese waren aus vielen Verbänden und damit Betätigungsfeldern des öffentlichen Dienstes erschienen: Finanzbeamte (DSTG), Polizisten (DPolG), Justizbeamte (DJG), u. a. Gerichtsvollzieher (DGVB), Rechtspfleger (BDR), Beamte aus dem Justizvollzug (BSBD), dem technischen Dienst (BTB), der allgemeinen Verwaltung (DVG), dem Zoll (BDZ), der Sozialverwaltung (GDV), Lehrer (VBE, GLB), Beamte des Rechnungshofs (VdPHRH), Bedienstete der Bahn (GDL), der
Straßenmeistereien (VDStra.), der Jobcenter (vbba), des kommunalen Bereichs (komba) und weitere. Wieder zeigten sich auch einige Tarifbeschäftigte solidarisch, und Kriminalbeamte des befreundeten BDK waren auch wieder dabei. Besonders beeindruckend war, dass auch dieses Mal wieder Justizvollzugsbeamte direkt aus dem Nachtdienst nach Wiesbaden gekommen waren.

Beinahe in Fraktionsstärke war die FDP auf den Platz gekommen, um dem dbb Hessen in der Sache Unterstützung zuzusagen: Neben den Fraktionsvorsitzenden Dr. Stefan Naas und Wiebke Knell auch die finanzpolitische Sprecherin Marion Schardt-Sauer und der innenpolitische Sprecher, Moritz Promny. Dieser bezeichnete die Pläne der schwarz-roten Landesregierung als „nicht hinnehmbar“ und versprach: „Wir stehen an Ihrer Seite.“ Es sei nicht richtig, ein Sonderopfer zu verlangen, wenn gleichzeitig zwei Ministerien geschaffen würden, die Zahl der Staatssekretäre erweitert werde und Kredite für die Helaba aufgenommen würden. Promny attestierte Ministerpräsident Rhein „Wortbruch“.

Von dem berichtete auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG Hessen, Björn Werminghaus. Noch vor der Wahl habe Boris Rhein zugesichert, im Falle eines Wahlsiegs fünf weitere Anpassungsschritte bei der Besoldung gehen zu wollen. Als sofortiges Einsparpotenzial anstelle der Besoldungsverschiebung identifizierte Werminghaus das milliardenschwere Subventionsprogramm „Hessengeld“ für Häuslebauer.

Moritz Otto von der Nachwuchsorganisation des dbb Hessen, der dbb jugend hessen, erinnerte an einen ganz anderen Aspekt, der dem öffentlichen Dienst zunehmend Kopfschmerzen bereitet und für den die aktuelle Landespolitik alles andere als förderlich sei: Der Nachwuchsmangel. Wie solle man im Freundes- und Bekanntenkreis für einen Job im öffentlichen Dienst werben?

Der Grünen-Abgeordnete Christoph Sippel warf Poseck ebenfalls Wortbruch vor. „Im Mai haben sie noch hoch und heilig versprochen, systemgerecht und zeitgleich“ die Besoldung
anheben zu wollen (Anm. d. Red.: Im Nachgang der Tarifeinigung). „Es gibt genügend andere Einsparmöglichkeiten. Wir werden da nicht mitgehen.“

Der dbb Landesvorsitzende, Heini Schmitt, bezeichnete die Argumente, mit der die Landesregierung versuche, ihre Verschiebung zu verkaufen als „erfunden“ und „unsinnig“. Sie „gaukeln eine falsche Situation vor“, so Schmitt. Gerichtet an Innenminister Poseck sagte er: „Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, die Beamten wären durch die Verschiebung nicht schlechter gestellt – das ist aber sehr wohl der Fall!“ Teile der in diesem Jahr geleisteten Inflationsausgleichszahlungen würden durch die Verschiebung wieder aufgefressen und den Beamten aus der Tasche gezogen. Je nach Besoldungsstufe würden den BeamtInnen so zwischen 400 und weit über 1000 Euro wieder weggenommen, rechnete Heini Schmitt vor.

Dies sei eine effektive Verschlechterung – jenseits des praktizierten Vertrauensbruchs, stellte der Landesvorsitzende klar und erinnerte an die Situation, in dem sich die hessische Alimentation befindet. Seit nunmehr 11 Jahren ist die Beamtenbesoldung deutlich zu niedrig – und damit verfassungswidrig.

Quelle: dbb Hessen – Nachrichten – 12/22024